Erfolgsfaktor „Lender Education“

Beitrag von: Matthias Holtmeyer, Thorsten Gladiator
4. April 2019

Bei M&A-Transaktionen mit Finanzinvestoren haben die Auswahl der Kreditgeber und die Gestaltung der Finanzierungsmodalitäten erheblichen Einfluss auf die Unternehmensbewertung. Der Verkäufer kann also die Transaktion optimieren, indem er selbst frühzeitig und gezielt Einfluss auf die Finanzierungsfrage nimmt, statt dies allein den Investoren zu überlassen. Ein wirksames Instrument hierfür ist die „Lender Education“.

Beteiligen sich Finanzinvestoren an einem Unternehmen, wird die Finanzierung der Beteiligung in der Regel zu großen Teilen über Fremdkapital abgewickelt. Hintergrund für den hohen Fremdkapitaleinsatz bei Beteiligungen ist die auf diesem Weg erzielbare Maximierung der Eigenkapitalrendite (Leverage-Effekt), die für Finanzinvestoren das vorrangige Investitionskriterium ist. Als Fremdkapitalgeber kommen dabei hauptsächlich Banken oder aber Kreditfonds mit Schwerpunkt auf sogenannten Leveraged Buy-outs (LBOs) in Betracht – auf dem deutschen Markt sind jeweils mehr als 30 Banken und Kreditfonds in der Akquisitionsfinanzierung aktiv. In der Regel verfügen Investoren über eigene Netzwerke von Fremdkapitalgebern und gestalten hierüber die Finanzierung ihrer Transaktionen in Eigenregie. Mit dem Verfahren der „Lender Education“ erhält der Verkäufer jedoch die Möglichkeit, auf die Finanzierung selbst Einfluss zu nehmen. Hierbei steuert er selbst eine möglichst breite und fundierte Marktabfrage von Finanzierungsangeboten potenzieller Kreditgeber, die anschließend ausgewertet werden. Eine Auswahl der attraktivsten Angebote wird allen interessierten Investoren zur Verfügung gestellt und bildet damit die Basis für deren Kaufangebote. Die finale Finanzierung und die zugehörigen Kreditverträge handeln die Investoren dann selbst aus.

Optimierung der Finanzierung

Für den Verkäufer stellt die Lender Education einen überschaubaren zusätzlichen Aufwand dar, da die Kreditgeber die gleichen Informationen erhalten wie die Investoren. Dafür kann der Verkäufer aber direkt auf die Finanzierungsmodalitäten einwirken. Das kann die Höhe der Bewertung und den finalen Kaufpreis erheblich beeinflussen. Hierbei gilt es vor allem, eine gute Wettbewerbssituation mit einer großen Zahl von Kreditgebern in direkter Konkurrenz zu erzeugen, was für einen hohen Angebotsdruck sorgt.

Wettbewerbsdruck erzeugen

Mögliche Exklusivbindungen, wie sie nicht selten zwischen einzelnen Investoren und Kreditgebern bestehen, können sich zum Nachteil für den Verkäufer auswirken. Durch die Lender Education wird dieses Risiko ausgeschlossen. Unabhängig von schon im Vorfeld bestehenden Bindungen wird damit die Wettbewerbsfähigkeit eines Finanzierungsangebots zum entscheidenden Kriterium bei der Wahl des Kapitalgebers. Über die Lender Education kann eine größere Anzahl von Angeboten abgefragt werden, als es einem einzelnen Investoren möglich wäre.

Kontrolle und Transparenz

Darüber hinaus sind die zusätzliche Kontrolle sowie die Transparenz, die man durch den Einsatz einer Lender Education erhält, nicht zu unterschätzen. Der Verkäufer kann selbst steuern, wann welche Informationen an potenzielle Kreditgeber übermittelt werden, er kann sich zu einem frühen Zeitpunkt des Verfahrens ein unmittelbares Bild vom allgemeinen Finanzierungsinteresse machen und Probleme identifizieren und ggf. Fehlentwicklungen korrigieren. Durch die Transparenz der Finanzierungsangebote werden gleiche Voraussetzungen für alle Bieter herbeigeführt. Daneben ermöglicht diese Transparenz dem Verkäufer eine bessere Analyse der erhaltenen Investorengebote.

Ablauf einer Lender Education

Zu Beginn des Verfahrens erhalten alle für die Transaktion relevanten Kreditgeber grundlegende Informationen über das zu veräußernde Unternehmen in Form eines Informationsmemorandums. Diese Informationen werden im Rahmen einer ersten Präsentationsrunde mit dem Management vertieft. Auf dieser Basis können die interessierten Kreditgeber erste indikative Angebote abgeben. Diese Finanzierungsangebote werden ausgewertet und die attraktivsten Indikationen an die potenziellen Investoren weitergeleitet. Im weiteren Verlauf können den Kreditgebern detailliertere Informationen bspw. in Form eines Financial Factbooks übermittelt werden. Gemeinsam mit ausgewählten Kreditgebern handeln die Investoren dann die Fremdfinanzierung aus. Am Ende erfolgt die finale Auswahl des Kapitalgebers durch die Investoren.

Vermarktung als Erfolgsfaktor

Damit die Lender Education den gewünschten Erfolg erzielt, ist es neben einer professionellen Prozessgestaltung entscheidend, dass die Transaktion gegenüber den Kreditgebern offensiv vermarktet wird. Das umfasst v.a. die Entwicklung einer attraktiven „Credit Story“. Erfahrungsgemäß liegen die Angebote der Kreditgeber in einer größeren Bandbreite. Eine gezielte Vermarktung bei den potenziellen Kreditgebern ermöglicht es, die wettbewerbsfähigsten Finanzierungsangebote zu identifizieren. Dadurch erhalten die Investoren frühzeitig einen Überblick über die bestmöglichen Finanzierungskonditionen. Die Lender Education bietet dem Verkäufer ein Instrument, den Verkaufspreis seines Unternehmens zu steigern. Denn sie erweitert den finanziellen Spielraum für interessierte Finanzinvestoren.

Bildnachweis: 123rf.com/piko72

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