Modelle für die Unternehmensnachfolge

Beitrag von: Daniel Kral
26. November 2020

Ein Unternehmensverkauf kann dann als erfolgreich gelten, wenn auch nach der Transaktion alle Beteiligten damit zufrieden sind. Entscheidend ist, dass die letztlich gewählte Lösung auf die Bedürfnisse des Inhabers, aber auch auf die Situation des Unternehmens zugeschnitten ist. Je nach Lebensplanung können verschiedene Modelle erfolgversprechend sein.

Beim Begriff „Nachfolge“ denkt man als Erstes an den altersbedingten Eintritt in den Ruhestand. Dabei veräußert der Unternehmer, hier verstanden als Inhaber und Geschäftsführer in Personalunion, das Unternehmen und zieht sich anschließend aus der Geschäftsführung zurück. So geschehen bei einem mittelständischen Unternehmen in einer der hierzulande typischen ländlichen Regionen. Das Gründer-Ehepaar hatte es in der sprichwörtlichen Garage gestartet und über die Jahre zu einem Unternehmen mit einem Umsatz in zweistelliger Millionenhöhe entwickelt. Die Tochter erlernte einen passenden Beruf und absolvierte ein entsprechendes Studium, trat die Nachfolge aber nicht an. Das Unternehmerehepaar wollte sich in den Ruhestand zurückziehen und suchte einen Käufer für sein Lebenswerk. Dabei stand die Fortführung des Unternehmens mit seinen Arbeitsplätzen im Vordergrund. Die Industriegruppe Gesco übernahm 100 Prozent der Anteile.

Da innerhalb der Organisation kein potenzieller Geschäftsführer vorhanden war, musste ein passender Kandidat außerhalb des Unternehmens gefunden werden. Bis dieser eingestellt und eingearbeitet war, stand der Verkäufer für eine Übergangsphase als rein angestellter Geschäftsführer zur Verfügung.

Ausstieg auf Raten

Anders gelagert war der Fall eines Marktführers im Sondermaschinenbau. Der Inhaber-Geschäftsführer repräsentierte die dritte Generation der Gründerfamilie. Dass dessen Kinder nicht in seine Fußstapfen treten würden, war frühzeitig klar. Der Unternehmer wollte die Abhängigkeit von seiner Person reduzieren, damit das Unternehmen – sollte er ausfallen – nicht aus der Not heraus verkauft werden müsste. Zudem wünschte er sich einen Sparringspartner für strategische Fragen und anstehende Wachstumsschritte. Dabei machte ihm das operative Geschäft mit Kundenkontakten, Entwicklungsaufgaben und technologischem Fortschritt unverändert Freude. Er wollte also verkaufen, aber als Geschäftsführer noch einige Jahre an Bord bleiben.

Ob in einer solchen Konstellation eine verbleibende Minderheitsbeteiligung als Zwischenschritt zum 100-Prozent-Verkauf sinnvoll ist, hängt vom Einzelfall ab. Wenn der Erwerber dem Verkäufer eine Minderheitsbeteiligung einräumt, sichert er sich Motivation und Know-how des Alteigentümers und gewinnt Zeit für die Neubesetzung der Geschäftsführung. Andererseits kann sich nicht jeder Unternehmer, der womöglich über Jahrzehnte niemandem Rechenschaft schuldig war, mit den Anforderungen eines Mehrheitsgesellschafters anfreunden. Falls sich die Zusammenarbeit dann als konfliktträchtig erweist, kann die Restbeteiligung bei einer einvernehmlichen Trennung hinderlich sein.

Im vorliegenden Fall einigte man sich auf eine 100-Prozent-Übernahme durch die Beteiligungsgesellschaft und vereinbarte ergänzend zum Kaufpreis einen Earnout, also eine Kaufpreisnachbesserung bei Erreichen vorab definierter Kriterien. Die Zusammenarbeit nach dem Kauf verlief reibungslos. Der Earn-out wurde in voller Höhe ausgezahlt und der Verkäufer blieb länger als ursprünglich vorgesehen an Bord. Sein Nachfolger stammte aus dem Unternehmen und wurde in der gemeinsamen Zeit systematisch aufgebaut.

Die „kreative Kombi-Lösung“

In einem weiteren Fall hatte der verkaufsbereite Unternehmer seinen Betrieb erfolgreich in einer Marktnische positioniert. Ein konkreter Nachfolger in der Geschäftsführung schwebte ihm bereits vor: ein promovierter Ingenieur, der ein Start-up mit einer innovativen Fertigungstechnologie gegründet hatte. Der „Neue“ verfügte nicht nur über hervorragende technische Kompetenz, sondern hatte auch unternehmerischen Biss bewiesen.

Nach allseitigem Kennenlernen wurde folgende Lösung gefunden: Der Nachfolger brachte sein Start-up samt der Technologie ein und erhielt dafür 20 Prozent am neuen Gesamtunternehmen, während die Gesco AG 80 Prozent der Gesellschaftsanteile vom Alteigentümer übernahm. So entstand eine vorteilhafte Lösung für alle Seiten: Das etablierte Unternehmen gewann sowohl einen neuen Geschäftsführer als auch einen neuen Geschäftsbereich. Der Nachfolger wiederum nahm als Gründer auf dem Weg zum voll funktionsfähigen Unternehmen eine effiziente Abkürzung, indem er sein Start-up in eine größere Organisation einbrachte.

Manufaktur statt Fabrik

Mittelständische Organisationen sind geprägt von ihren Inhabern, und das gilt auch für mittelständische Transaktionen. Stellt man sich auf die individuellen Bedürfnisse des Unternehmers ein, lassen sich maßgeschneiderte Lösungen finden, um die Transaktion im Interesse aller Beteiligten nachhaltig erfolgreich zu gestalten.

ILLUSTRATION 123rf.com/sn333g

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