Oft werden Unternehmensnachfolgen chronologisch abgearbeitet. Mögliche Strukturfehler werden dann erst sichtbar, wenn es zu spät ist. Ein ganzheitlicher Ansatz nimmt von Anfang an alle Aspekte der Nachfolge in den Blick.
Am Anfang des Prozesses der Unternehmensübergabe steht die Frage des Unternehmers: „Wie stelle ich mir meine Nachfolgeregelung vor?“ Unternehmer haben dazu meist schon eine konkrete Vorstellung, zumindest aber ein Bauchgefühl: Vielleicht gibt es bereits ein Familienmitglied oder einen Manager, der zum Nachfolger auserkoren ist. Oder es ist klar, dass nur eine externe Nachfolge infrage kommt. Auch gibt es eine grobe Vorstellung vom Verkaufserlös und davon, wie die Altersversorgung gesichert werden soll. Und manch einer macht sich sogar schon Gedanken, wie die eigene Rolle nach der Übergabe aussehen könnte: Weltreise, Beirat, weiterhin operativ tätig?
Annahmen und Ziele überprüfen
Oft bleibt es bei diesen groben Plänen und Annahmen. Sie werden nicht verifiziert, nicht zu Ende formuliert und sind oft genug nicht einmal mit weiteren „Stakeholdern“ wie der Familie oder dem angedachten Nachfolger besprochen worden. Wenn die harte Überprüfung, wie belastbar die Annahmen sind, ausbleibt, können strukturelle Fehler entstehen. Wer falsche Vorstellungen vom Verkaufserlös hat, Steuereffekte missachtet oder die Wünsche des Partners für die Zeit nach der Übergabe ignoriert, läuft ins Risiko, eine Nachfolgeoption zu wählen, die eigentlich suboptimal und manchmal sogar ungeeignet ist, die eigenen Vorstellungen zu erfüllen. Doch wenn die Nachfolge umgesetzt ist, lassen sich diese Strukturfehler nicht mehr beheben. Die Nachfolge ist vielleicht nicht gescheitert, aber der Abgebende unzufrieden.
Dabei werden Fehleinschätzungen und Unzulänglichkeiten bereits im Nachfolgeprozess immer wieder sichtbar, z.B. wenn die ersten Preisangebote deutlich hinter den Vorstellungen des Verkäufers zurückbleiben. Nur werden diese Störsignale oft ausgeblendet und beiseitegeschoben, weil die Umsetzungsphase der Transaktion – einmal angestoßen – volle Konzentration erfordert. Der Abgabeprozess, selbst wenn er „nur“ intern erfolgt, ist für alle Beteiligten sehr zeitintensiv. Da er parallel zum üblichen Geschäft verläuft, fehlt dem Unternehmer die Zeit – und manchmal auch die Energie –, innezuhalten und Annahmen noch einmal grundsätzlicher zu hinterfragen.
Ausgangspunkt Altersabsicherung
Auch wenn der Unternehmer einen M&A-Berater eingebunden hat, sollte von diesem nicht mehr erwartet werden, als dass er sich auf die Transaktion und ihren erfolgreichen Abschluss konzentriert. Vermögensfragen oder die Struktur der Altersabsicherung des Unternehmers liegen nicht in seinem Fokus. Vermögensthemen gehören jedoch ganz an den Anfang der gesamten Nachfolgeüberlegungen und sollten dann immer wieder integraler Bestandteil des fortschreitenden Prozesses sein. Denn sie sind direkt mit der Nachfolgeform gekoppelt: Kann mit einer familieninternen Nachfolge der Unternehmer im Alter abgesichert werden? Könnte der Unternehmer dem Käufer ein Verkäuferdarlehen einräumen? Bei welcher Nachfolgeform ist seine fortgesetzte operative Tätigkeit möglich oder sogar vorausgesetzt? Ist der Unternehmer bereit oder interessiert, sich über den Nachfolgezeitpunkt mit dem eigenen Vermögen am Unternehmen zu beteiligen?
Nur wenn diese Fragen sauber beantwortet, die Vermögenspositionen vollständig erfasst, eine unabhängige Unternehmenswerteinschätzung erstellt sowie steuerliche Effekte und Vorstellungen der relevanten Beteiligten bekannt sind, kann es eine zufriedenstellende Nachfolgeregelung geben.
Die wichtige Rolle der Unternehmervertrauten
Dafür sollten von Anfang an Vermögensspezialisten, Steuer- und Bilanzexperten sowie Gesellschaftsrechtler eingebunden werden. Unternehmervertraute müssen in den Prozess integriert werden. Nicht allein, weil sie den Unternehmer und seine Vermögenssituation gut kennen – sondern auch, weil sie den wichtigen rechtlichen, steuerlichen und bilanziellen Blick mitbringen. Außerdem wird es im Laufe der Nachfolgetransaktion immer wieder Abweichungen vom Plan geben: Der Käufer reduziert seine Zahlungsbereitschaft, der Übergabegegenstand – z.B. die Höhe der Anteile oder der Wert der Betriebsimmobilien – verändert sich, ein designierter Nachfolger springt ab. Dann muss schnell geprüft werden: Passen die neuen Rahmenbedingungen noch zu den eigenen finanziellen und persönlichen Zielen? Wird eine andere rechtliche Gestaltung notwendig, eröffnet sich der Spielraum für neue Optionen? Je erfahrener in so einer Situation alle beteiligten Spezialisten für Vermögen, Nachfolgeprozess, Transaktionsfragen und (steuer-)rechtliche Themen sind und je besser sie zusammenarbeiten, desto größer sind die Chancen, eine nachhaltig erfolgreiche Nachfolge zu erreichen.
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